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Ringvorlesung des Graduiertenkollegs „Identität und Erbe“

In den 1950er Jahren entstand mit der ‚Design Methods Movement‘ ein Entwurfsprinzip, dessen Werke den wissenschaftlichen Fortschritt zelebrierten. Bald erwies sich diese Bewegung jedoch so unbeliebt, dass sogar ihre Begründer:innen sich von ihr distanzierten. Hartnäckige Auseinandersetzungen über die Art und Weise des Entwerfens legten die politische Dimension von Gestaltung sowie die Notwendigkeit sehr weitgehender Partizipation offen. Die Entwurfsmethodik problematisierte sich selbst und hinterfragte die neutrale Expert:innenrolle von Entwerfer:innen zugunsten offenerer und intensiverer Beziehungen zur gesellschaftlichen Wirklichkeit – eine durchaus destruktive zentrale Forderung am Ende der Bewegung.

Jesko Fezer folgt in seinem Vortrag den Konflikten um die Begründbarkeit des Entwerfens von der HfG Ulm über Horst Rittel und Christopher Alexander bis zum Design Methods Movement und den dort engagierten Architekten wie John Habraken, S.A.R, Yona Friedman sowie Architecture Machine Group. Dort, wie auch im späteren deutschsprachigen Methodendiskurs um 1968, der von Jürgen Joedicke und der neugegründeten Arch+ geprägt wurde, sowie im kaum aufgearbeiteten Feld der methodisch motivierten Anwaltsplanung – vom Architects’ Renewal Committee Harlem und Urban Planning Aid Boston bis zur portugiesischen SAAL – lässt sich eine verdrängte, engagierte und (selbst-)kritische Gestaltungspraxis rekonstruieren. Ausgehend von den Architekturdiskursen der Verwissenschaftlichung, Politisierung und Mitbestimmung der 1960er Jahre werden neue Möglichkeiten für ein gesellschaftlich emanzipiertes Entwerfen und damit einer parteiischen Gestaltung diskutiert.