Forststudierende erkunden Biodiversität der Urwälder in Georgien
Exkursion und Workshop in Georgien zu Forstwirtschaft und Naturschutz – im Austausch mit der Partnerhochschule Ilija State University in Tbilisi
Studierende des Bachelorstudiengangs Forstwirtschaft reisten mit Prof. Dr. Frank Bohlander nach Georgien, um einen Einblick in die Biodiversität der Urwälder und die Forstwirtschaft des Landes zu erhalten. Im Gegensatz zu Europa sind dort noch großflächig Urwälder vorhanden. Auf dem Programm des von Prof. Bohlander eingeworbenen Projektes des Deutschen Akademischen Austausch Dienstes (DAAD) standen neben Exkursionen und Workshops auch das Kennenlernen von Kultur, Land und Leuten.
Die Reise der 14 Forststudierenden der FH Erfurt vom 05. – 23.09.2023 knüpfte an die der Vorjahre an. Denn seit 2021 fanden bisher jährlich zwei Workshops und Exkursionen im Rahmen des DAAD-Projektes statt. Georgische Studierende der renommierten Partnerhochschule Ilija State University in Tbilisi und Studierende der FH Erfurt besuchen sich gegenseitig für forst-fachliche und sozio-kulturelle Einblicke in die Länder. Hierbei steht für die Georgier die nachhaltige Forstwirtschaft Deutschlands, Natur- und Artenschutz sowie die Holzindustrie im Mittelpunkt. Für die deutschen Studierenden geht es fachlich primär um die georgischen Urwälder. Hierzu zählen neben Buchen-Urwäldern auch Nordmanntannen- und Nadelholzmisch-Urwälder. Eine einmalige Chance zu sehen wie sich der Hainich künftig darstellt.
Georgien, welches nur so groß wie Bayern ist, besitzt eine unheimliche Fülle an Bäumen, Gehölzen und Pflanzen. Über 400 Baumarten bzw. strauchartige Gehölze (Deutschland ca. 90) treten in Georgien auf. Davon über 60, die nur in Georgien existieren. Neben vielen bei uns heimischen Gehölz- und Pflanzenarten kommen häufig 2 bis 3 aber auch teilweise über zehn weitere vor.
Von der Hauptstadt Tbilisi aus startete die Gruppe aus Erfurt zusammen mit acht georgischen Studierenden in den Osten des Landes an die Grenze zu Aserbaidschan und Russland. Hier befindet sich das älteste Schutzgebiet des Landes in Lagodekhi. Zu Fuß ging es drei Stunden zunächst durch Hainbuche-Eichenwälder und dann durch Buchen-Urwälder steil bergauf zu den wissenschaftlichen Probeflächen. Überraschend war es für alle , dass es kaum Totholz in den Wäldern gibt. Obwohl noch nie genutzt, finden sich nur wenige abgestorbene und umgestürzte Baumriesen, was an der raschen Zersetzung des Holzes der Buche liegt. Zudem neu, die Buche bildet dort die Baumgrenze bei ca. 2000 m Höhe und Nadelhölzer sind nicht vorhanden.
Am Ende der 20-km-Wanderung erwartete alle Teilnehmenden am Abend eine reichlich gedeckte Tafel, wobei es zum Kennenlernen der Kultur auch gehörte einen sogenannten Tamadar zu erleben, der in Georgien durch ein feierliches Beisammensein führt.
Nach dem Besuch einer über 100 ha großen Wallnussplantage und der kommerziellen Produktion ging es in den ältesten Nationalpark Georgiens, nach Borjomi. Der Ort wurde aufgrund der Heilquellen bereits von den Zaren besucht und eine Residenz zeugt noch heute von der ehemaligen Pracht. Zwei Wanderungen mit jeweils über 20 km und 1000 Höhenmeter Aufstieg führten durch eine Reihe von Waldökosystemen mit verschieden Baumarten, die sich je nach Himmelsrichtung in unterschiedlicher Zusammensetzung zeigten.
Am Gorderzki Pass im Südwesten des Landes wurden auf 2300 m gemeinsam Versuchsflächen in Buchenbeständen angelegt, bevor die dort herrschende Überweidung und Waldweide sowie die daraus entstehenden Erosionsprobleme besichtigt wurden.
Der Nationalpark Mtriala nahe der zweitgrößten Stadt des Landes bei Batumi war die fachlich nächste Station. Dieser laubabwerfende (temperierte) Laubwald ist aufgrund der Niederschläge von bis zu 4500 mm im Jahr ein Regenwald. Dies wurde bei der Wanderung über rutschige steile Wanderwege bei Luftfeuchten von 80 - 100% auch hautnah erlebt. Der weit über 100 Jahre alte Botanische Garten von Batumi ermöglichte am Folgetag eine eingehende Beschäftigung mit der Flora Georgiens.
Zum Abschluss ging es in die Nordmanntannen-Wälder nach Ambrolauri im Nordwesten. Hierher kommt das gesamte Saatgut für die Weihnachtsbäume, die in Europa produziert werden. Die dänische Fair Tree sei dort die einzige Firma, auch unter den europäischen, die nicht nur bei der Zapfenernte die europäischen Vorgaben für die Zapfenpflücker strickt einhalte, sondern auch die Arbeiter überdurchschnittlich und auch bei Ausfall der Ernte entlohne. Desweiteren werden soziale Projekte durchgeführt, wie z. Bsp. eine kostenfreie zahnmedizinischer Versorgung der Schulkinder vor Ort.
Nach zweieinhalb Wochen kehrten alle Teilnehmenden um viele Eindrücke über Wälder, Land und Menschen reicher nach Tibilisi zurück. Und das ergriffen vom Land aber auch betroffen von der Armut. Es waren Freundschaften entstanden und vertieft worden. Einige hatten begonnen sich mit der völlig eigenständigen georgischen Sprache vertraut zu machen, andere erweiterten ihre botanischen Kenntnisse. Insgesamt waren sich alle sicher, dass dies nicht ihr letzter Besuch in Georgien war, sondern sie wieder kommen oder ihre Abschlussarbeit in Georgien verfassen würden.