Epigenetische Prozesse in der Pflanzenvermehrung
Bei der Vermehrung von gartenbaulichen Kulturpflanzen können unter den Jungpflanzen phänotypische Abweichungen von den Mutterpflanzen auftreten. Dies beruht einerseits auf zielgerichteten oder auch zufälligen Mutationen, andererseits sind häufig epigenetische Prozesse für die Variabilität unter den Nachkommen verantwortlich.
In biologischen Systemen werden Informationen normalerweise über Änderungen der DNA-Sequenz weiter gegeben. Informationsweitergabe von einer Generation zur nächsten kann aber auch ohne solche Veränderungen erfolgen. Die Forschungsgruppe Epigenetik beschäftigt sich mit Mechanismen der Genregulation, die über die Information in der DNA-Sequenz hinaus gehen. Diese Informationen umfassen DNA-Methylierung, Histon-Modifikationen sowie genregulatorische RNA-Moleküle. Die Art und Ausprägung dieser Faktoren reguliert nachhaltig die Verpackungsdichte der DNA und somit die Zugänglichkeit der DNA für Transkriptionsprozesse.
Die Arbeiten der Forschungsgruppe „Epigenetische Prozesse in der Pflanzenvermehrung“ beschäftigen sich mit folgenden Themen:
- Genomweite Messung epigenetischer Profile in Petunien
- Studien zu epigenetischen Anpassungen an abiotische Stressbedingungen
- Verfolgung ob bzw. welche dieser Veränderungen an die Folgegenerationen weitergegeben werden
Durch die genomweite molekulare Analyse der zugrunde liegenden epigenetischen Prozesse sollen Faktoren identifiziert werden, die der Variabilität in Abhängigkeit von den Kulturbedingungen zu Grunde liegen. Über biochemische und genetische Manipulation dieser Faktoren wird es möglich sein, deren Beteiligung an phänptypischer Plastizität zu verstehen und zu kontrollieren.
Zur Identifizierung dieser Faktoren werden zunächst epigenetische Veränderungen wie DNA-Methylierung, Histon-Modifikationen oder auch RNA-Expressionsprofile in Folge abiotischen Stresses untersucht. Mittels Homologie-Vergleichen zu orthologen Genen sollen zunächst epigenetische Regulatoren in Petunien identifiziert werden. Anschließend soll mittels genetischer und/oder biochemischer Manipulation dieser Faktoren der beobachtete Effekt phenokopiert werden. Besondere Aufmerksamkeit liegt dabei auf Prozessen, welche die Anpassung an abiotische Stressfaktoren fördern und welche an die folgenden Pflanzengenerationen weitergegeben werden.
Ziel ist es, mittels gezielter Kontrolle epigenetischer Prozesse das Spektrum moderner Züchtungsmethoden zu erweitern. Auf diese Art soll die Stresstoleranz gartenbaulicher Kulturpflanzen erhöht werden sowie ungewünschte phänotypische Veränderungen über viele Generationen kontrolliert und verhindert werden.